Bis das Versprechen des papierlosen Büros eingelöst ist, werden noch ein paar Jahre ins Land gehen. Bis dahin stapeln sich in vielen Büros massenhaft Verträge, Angebote, Ein- und Ausgangsrechnungen, Briefe und ähnliche Papiere auf Schreibtischen, in Ablagekörben, Schränken und Aktenordnern.
Nicht nur Minimalisten stellen sich dann früher oder später die Frage: Ist das Kunst wichtig, oder kann das weg? Muss ich das wirklich alles verwahren? Und wenn ja: wie lange?
Die Antwort lautet wie so oft: „Jein, das kommt darauf an.“ Aufbewahrungspflichten ergeben sich einerseits aus den Steuer- und Buchführungsvorschriften der Finanzverwaltung. Hinzu kommen in manchen Branchen Spezialvorschriften: So sind zum Beispiel Architekten unter Umständen verpflichtet, Planungs- und Realisierungsunterlagen von Bauvorhaben bis zu 30 Jahre lang aufzubewahren.
Praxistipp: Ob es in deiner Branche besondere Anforderungen gibt, erfährst du bei deinem Berufs- oder Branchenverband – oder du fragst bei der für dich zuständigen Industrie- und Handelskammer nach. Welche das ist, kannst du beim IHK-Finder nachschauen.
Allgemeine Aufbewahrungspflichten
Die allgemeinen steuer- und handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten sind in § 147 Abgabenordnung und in § 14b Umsatzsteuergesetz geregelt. Wenn dein Unternehmen ins Handelsregister eingetragen ist, musst du außerdem die weitergehenden handelsrechtlichen Bestimmungen des § 257 HGB beachten.
Ganz allgemein lässt sich sagen: Sämtliche Unterlagen, die im weitesten Sinne für die Ermittlung der Besteuerungs-Grundlagen von Bedeutung sind (Einnahmenüberschuss, Gewinn, Gewerbeertrag, Kapitalertrag und so weiter), darfst du nicht einfach wegwerfen: Allzu viel „Mut zur Dokumentenlücke“ kann dazu führen, dass einzelne Geschäftsvorgänge, im ungünstigsten Fall sogar ganze Geschäftsjahre vom Finanzamt „geschätzt“ werden. Klingt harmlos – würde aber richtig teuer!
Zurück zu den gesetzlichen Fristen:
- 10 Jahre lang aufbewahren musst du:
- deine Jahresabschlüsse (z. B. die Einnahmenüberschussrechnungen und Anlagenverzeichnisse, bei Kaufleuten: die Gewinn- und Verlustrechnungen, Inventare, Bilanzen etc.)
- sämtliche Nachweise über betriebliche Einnahmen und Ausgaben (z. B. Ein- und Ausgangsrechnungen, Gutschriften, Quittungen) und die zum Verständnis der Buchungsbelege erforderlichen vertraglichen Unterlagen,
- Personalakten (z. B. Arbeitsverträge, Arbeitsanweisungen, Gehaltsabrechnungen) etc. sowie
- Steuererklärungen und -bescheide.
- 6 Jahre lang aufbewahren musst du alle „Handels- oder Geschäftsbriefe“, das sind:
- eingehende Geschäftsbriefe,
- Kopien deiner Ausgangspost sowie
- alle Unterlagen, die nötig sind, um Anbahnung, Durchführung und Abrechnung deiner eigenen Aufträge und die von in Auftrag gegebenen Lieferungen und Leistungen nachvollziehen zu können.
Wichtig: Sämtliche Dokumente, die für noch schwebende Steuer- oder Gerichtsverfahren bedeutsam sind, solltest du auf jeden Fall verwahren – selbst dann, wenn die allgemeine Aufbewahrungsfrist bereits abgelaufen ist.
Fristende: So rechnest du richtig!
Die steuerlichen und handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen beginnen am Schluss des Kalenderjahres, in dem sie erstellt bzw. in dem die letzte Eintragung gemacht worden ist. Bevor du Unterlagen in den Reißwolf steckst …
- klärst du zunächst den Zeitpunkt der Erstellung bzw. der letzten Eintragung.
- Anschließend addierst du die Dauer der Aufbewahrungsfrist, die grundsätzlich am 1. Januar des folgenden Kalenderjahres beginnt.
Wichtig: Der Zeitpunkt der letzten Eintragung ist nicht immer das Geschäftsjahr, auf das sich ein Dokument bezieht:
- Die im Jahr 2007 von dir verschickten Ausgangsrechnungen darfst du zum Beispiel im Jahr 2018 schreddern (10-jährige Aufbewahrungsfrist vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2017).
- Weil du die Einnahmenüberschussrechnung des Jahres 2007 (frühestens) jedoch im Jahr 2008 erstellt hast, darfst du die auch frühestens 2019 in den Reißwolf stecken (10-jährige Aufbewahrungsfrist vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2018)
Mit anderen Worten: Bei Aufzeichnungen kommt es beim Fristlauf auf den Zeitpunkt der letzten Eintragung an. Bei Belegen in der Regel auf den Zeitpunkt der Erstellung oder des Eingangs. Um die Eingangsfrage zu beantworten: Entsorgen darfst du 2018 …
- die Buchführungs-Belege des Jahres 2007,
- die im Jahr 2006 und früher erstellten und bearbeiteten Jahresabschluss-Unterlagen, Steuererklärungen und Steuerbescheide sowie
- die im Jahr 2011 und früher bei dir eingegangenen und von dir verschickten „Handels- oder Geschäftsbriefe“ (s. o.) entsorgen.
Die Form der Unterlagen spielt für die Dauer der Aufbewahrungspflicht übrigens keine Rolle. Die genannten Aufbewahrungsfristen gelten für konventionell gedruckte oder geschriebene Geschäftsbriefe, elektronische Dokumente (z. B. im PDF-Format) oder auch E-Mails oder Fax-Sendungen. Originär elektronische Dokumente musst du nicht ausdrucken: Es genügt, wenn du sie in elektronischer Form archivierst und sie bei Bedarf (z. B. anlässlich einer Steuerprüfung) auf dem Bildschirm lesbar machen kannst.
Details mit dem Steuerberater besprechen!
Vorsicht: Bevor du den Reißwolf anschmeißt und alle älteren Belege und Aufzeichnungen vernichtest, fragst du am besten bei deinem Steuerberater nach. Der hilft dir bei der Einrichtung eines finanzamtstauglichen Archivierungssystems und gibt dir grünes Licht für unbedenkliche Akten-Entsorgungen.
Noch Fragen?
Was du bei Abschreibungen, Gewinnermittlung und Steuererklärungen sonst noch alles beachten solltest und wie invoiz dir dabei hilft, erfährst du auf folgenden Seiten:
- Schluss mit der Zettelwirtschaft: Betriebsausgaben im Rechnungsprogramm erfassen
- Steuern & Buchführung: Selber machen oder Berater beauftragen?
- Crashkurs „Kleinunternehmerregelung“
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