Die berufliche oder geschäftliche Selbständigkeit ist eine Form der Erwerbsarbeit auf eigene Rechnung mit Übernahme der gesamten finanziellen und sozialen Verantwortung für das eigene Leben.
„Sich selbstständig machen“ gilt landläufig als Synonym für die Gründung eines Unternehmens. Die vieldeutige Bezeichnung „Selbstständigkeit“ sorgt bei Unternehmern und Freiberuflern oft für Missverständnisse. Denn je nach Rechtsgebiet hat der Begriff unterschiedliche Bedeutungen:
- Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) gehören Selbstständige ebenso wie die Gewerbetreibenden zu den „Unternehmern“. In Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit dürfen sich Selbstständige daher nicht auf Verbraucherrechte berufen.
- Der zweigeteilte Unternehmer-Begriff des BGB findet sich im Einkommensteuerrecht wieder: Das Einkommensteuergesetz unterscheidet unter anderem zwischen „Einkünften aus Gewerbebetrieb“ und „Einkünften aus selbständiger Arbeit“. Letztere erzielen selbstständig tätige Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und Lehrende, die klassischen Freiberufler (wie Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Steuerberater, Journalisten etc.) sowie Angehörige „ähnlicher Berufe“.
- Das Gewerbesteuerrecht verweist in 2 GewStG bei der Besteuerung der Unternehmer ebenfalls auf das Einkommensteuergesetz: Selbstständige im Sinne des § 18 EStG müssen daher keine Gewerbesteuer zahlen
- Auch das Gewerberecht differenziert zwischen meldepflichtigen Gewerbebetrieben und nicht-meldepflichtigen selbstständig Tätigen. Allerdings ist die Aufzählung der nichtgewerblichen Tätigkeiten, Berufe und Branchen in 6 GewO nicht deckungsgleich mit den selbstständigen Tätigkeiten und Katalogberufen des Einkommensteuerrechts. In Ausnahmefällen kann es also vorkommen, dass ein Unternehmer …
- laut Gewerbeordnung ein Gewerbe führt (und somit einen Gewerbeschein braucht),
- laut Einkommensteuergesetz jedoch zu den Selbstständigen zählt und daher
- laut Gewerbesteuergesetz keine Gewerbesteuer zahlen muss.
Für die Praxis weitaus bedeutsamer sind jedoch die Vorschriften des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts: Dort wird der Begriff Selbstständigkeit negativ in Abgrenzung zur „Beschäftigung“ definiert. Gemäß § 7 SGB IV handelt es sich bei einer Beschäftigung um „nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.“
Laut Sozialgesetzbuch ist Selbstständigkeit das Gegenstück zur abhängigen Beschäftigung. Selbstständige gelten demnach nichtals Arbeitnehmer (Angestellte, Arbeiter). Sie sind nichtin den Betrieb eines Auftraggebers eingegliedert und nichtverpflichtet, Weisungen ihres Auftraggebers zu folgen.
Statusfolgen
Ob eine Tätigkeit als Selbstständigkeit oder (abhängige) Beschäftigung gewertet wird, hat weitreichende Folgen. Selbstständige …
- sind (bis auf wenige Ausnahmen) nicht sozialversicherungspflichtig,
- müssen sich um die Abrechnung ihrer Leistungen und die darauf fällige Einkommensteuer selbst kümmern (ihre Auftraggeber führen keine Lohnsteuer ab),
- müssen auf ihre Honorare in der Regel Umsatzsteuer aufschlagen,
- zahlen bei Ausübung gewerblicher Tätigkeiten Gewerbesteuer,
- können sich nicht auf die Arbeitnehmerschutzrechte berufen und
- haben auch keinen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub.
Mangels konkreter gesetzlicher Kriterien haben die Arbeits- und Sozialgerichte im Laufe der Zeit Anhaltspunkte für den Selbstständigkeits-Status eines Auftragnehmers entwickelt.
Kriterien der Selbstständigkeit
Eine eindeutige positive Definition des Selbstständigkeits-Begriffs gibt es trotzdem nicht. Anlass zum Zweifel an der Selbstständigkeit einer Tätigkeit geben einzelne Kriterien – insbesondere …
- das Fehlen eigener Mitarbeiter,
- das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und eigener Arbeitsmittel,
- das Fehlen öffentlicher Selbstvermarktung (keine Geschäftspapiere, Website, Anzeigen, Flyer etc.),
- die regelmäßige Zahlung gleichbleibender Dienstleistungs-Honorare durch den Auftraggeber,
- konkrete Anweisungen des Auftraggebers über die genaue Art der Auftragserledigung und vor allem
- die Einbindung in die betriebliche Organisation des Auftraggebers (z. B. Personalakte, interner Telefonanschluss, E-Mail-Adresse, Urlaubsplanung).
Die Selbstständigkeit einer Person lässt sich dabei nicht allgemein beurteilen. Entscheidend für die Feststellung einer eventuellen Scheinselbstständigkeit ist die Gesamtschau des Einzelfalls – und zwar bezogen auf eine ganz bestimmte Tätigkeit.
Zuständig für Statusbeurteilungen ist der „Betriebsprüfdienst“ der Deutschen Rentenversicherung. Dessen Feststellungen gelten für alle Zweige der Sozialversicherung – also auch für die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Arbeitgeber werden mindestens alle vier Jahre geprüft. Bei Selbstständigen ohne eigene Mitarbeiter finden keine regelmäßigen Kontrollen statt. Verdachtsabhängige Prüfungen sind aber jederzeit möglich. Außerdem können Statusfeststellungsverfahren sowohl von Auftraggebern als auch Auftragnehmern beantragt werden. Die Nachteile einer im Nachhinein festgestellten Scheinselbstständigkeit gehen in aller Regel zulasten des Auftraggebers.
Weiterführende Lektüretipps:
- Mit den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Unterschieden zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung sowie deren Folgen für die Beteiligten beschäftigt sich der invoiz-Blogbeitrag „Damoklesschwert Scheinselbstständigkeit?“
- Die gewerbe- und steuerrechtlichen Aspekten der Abgrenzung von selbstständigen und gewerblichen Tätigkeiten stehen im Mittelpunkt des invoiz-Blogbeitrags „Freiberufler oder Gewerbetreibender: Wie bist du unterwegs?“
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