GWG-Grenze: Sonderregelung für Kleinunternehmer

Moritz Buhl

Die gute Nachricht vorweg: Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) im Nettowert von bis zu 800 Euro darfst du im Jahr der Anschaffung als Betriebsausgaben ansetzen.

Das ist keineswegs selbstverständlich: Die Anschaffungs- und Herstellungskosten größerer Anschaffungen müssen grundsätzlich auf die Nutzungsdauer verteilt werden. Es gilt das Prinzip: „Heute zahlen – aber erst Jahre später von der Steuer absetzen“.

Das kann beispielsweise dazu führen, dass Ausgaben für einen 2019 angeschafften Schreibtisch noch im Jahr 2032 (!) in deinen Betriebsausgaben auftauchen!

Lektüretipp: Ausführlichere Informationen zum leidigen Thema Abschreibungen findest du im Beitrag „Absetzung für Abnutzung: Wie funktioniert die Abschreibung?

Immerhin gelten für steuerliches „Kleinvieh“ Sondervorschriften. GWG dürfen im Jahr der Anschaffung komplett von der Steuer abgesetzt werden. Seit 2018 liegt die allgemeine Netto-Wertgrenze für GWG-Anschaffungen bei 800 Euro.

Kleinunternehmer-GWG: Ausnahmsweise brutto!

Was viele umsatzsteuerliche Kleinunternehmer nicht wissen: Für sie gilt eine andere Obergrenze. Hintergrund: Bei der 800-Euro-Grenze handelt es sich um einen Nettobetrag. Der Umsatzsteueranteil (= Vorsteuer) ist darin nicht enthalten.

Weil Kleinunternehmer jedoch keine Vorsteuer abziehen können, dürfen sie GWG im Einkaufswert von bis zu 952 Euro sofort als Betriebsausgaben ansetzen! Alles andere würde zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft führen. Bei der hätten umsatzsteuerpflichtige Unternehmen größere GWG-Freiheiten als Kleinunternehmer.

Beispiel Notebook-Anschaffung im Jahr 2019:

  • Netto-VK: 798 Euro
  • plus 19% Umsatzsteuer / Vorsteuer:  151,62 Euro
  • Brutto-VK: 949,62 Euro

Mit einem Brutto-Verkaufspreis (= Ladenpreis) von knapp 950 Euro liegt das Notebook auf den ersten Blick deutlich über der GWG-Grenze. Trotzdem darfst du es als Kleinunternehmer bei deiner Einnahmenüberschussrechnung im Jahr der Anschaffung komplett als Betriebsausgabe geltend machen!

Genau genommen handelt es sich gar nicht um eine Sonderregelung. Vielmehr ist die GWG-Grenze generell eine Netto-Wertgrenze. Die ist in § 6 Abs. 2 EStG festgelegt („Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag“).

Die Netto-Perspektive gilt auch dann, wenn im Einzelfall keine Vorsteuer abgezogen werden darf. Auf diese Weise kommen alle zu ihrem Recht.

Ansonsten: Gleiche GWG-Anforderungen

Und auch sonst stellt der Gesetzgeber an die steuerliche Anerkennung von geringwertigen Wirtschaftsgütern dieselben Anforderungen: Laut § 6 Abs. 2 EStG müssen es …

  • „abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens“ sein,
  • die zu „einer selbständigen Nutzung fähig sind“.

Nicht selbstständig nutzbar sind Wirtschaftsgüter demnach immer dann, wenn sie …

  • ihrer betrieblichen Zweckbestimmung (nach) nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens“ genutzt werden können und
  • die „in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind“.

Typisches Beispiel ist der klassische PC-Drucker: Ohne Computer ist ein Drucker normalerweise praktisch unbrauchbar. Dass er separat gekauft und an verschiedene Computer angeschlossen werden kann, ändert daran nichts.

Die Folge: Ein schlichter PC-Drucker muss zusammen mit dem dazugehörigen Computer über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Bei PCs beträgt die Nutzungsdauer derzeit drei Jahre.

Anders verhält es sich mit Multifunktionsgeräten. Mit denen kann man nicht nur drucken, sondern auch kopieren, scannen und faxen. Viele dieser Funktionen lassen sich auch ohne angeschlossenen Computer nutzen.

Eine solche „eierlegende Wollmilchsau“ darfst du daher unbesehen als GWG einstufen und sofort als Betriebsausgabe ansetzen. Sofern die eingangs genannten Netto-Wertgrenzen nicht überschritten sind, versteht sich.

GWG-Verzeichnis führen

Nicht vergessen: Alle GWG-Anschaffungen eines Jahres mit einem Nettowert über 250 Euro müssen „in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis“ aufgenommen werden. Auch das ist in § 6 Abs. 2 EStG festgelegt.

Das GWG-Verzeichnis muss nicht unbedingt eine eigens angelegte Liste sein: Die Vorlage des dazugehörigen Buchungs-Kontenblattes oder eine ähnliche Buchhaltungs-Auswertung reicht völlig.

Bei einer möglichen Betriebsprüfung vom Finanzamt solltest du jedenfalls in der Lage sein, auf Nachfrage ein vollständiges und nachvollziehbares GWG-Verzeichnis vorzulegen. In deiner jährlichen Einnahmenüberschussrechnung taucht ja nur der Gesamtbetrag aller GWG-Anschaffungen auf.

Noch Fragen?

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Ein Kommentar

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