Die meisten selbstständigen Dienstleistungen erfordern im Informationszeitalter keine großen Investitionen. Auch gewerbliche Vorhaben kommen oft ohne großen externen Finanzierungsbedarf aus. Kooperationen, Komponenteneinsatz und „Bootstrapping“ verringern das finanzielle Risiko.
Umso wichtiger ist die Überwachung der Finanzen im laufenden Betrieb. Anders als bei den privaten Finanzen ist es mit einem einfachen Haushaltsbuch über Einnahmen und Ausgaben allerdings nicht getan. Gerade zu Beginn deiner Selbstständigkeit kannst du böse Überraschungen erleben, obwohl deine Auftragslage gut ist und „eigentlich“ alles glatt zu laufen scheint.
Warum es trotz Erfolgskurs zu Zahlungsschwierigkeiten („Liquiditätsengpässen“) kommen kann, zeigt die folgende Übersicht über die gefährlichsten Liquiditätsfallen:
Falle 1: Auf dicke Hose machen
Fangen wir mit der Repräsentations-Falle an: Manche Start-ups und Solo-Selbstständige leben schlicht über ihre Verhältnisse. Angefangen bei der repräsentativen Geschäftsadresse über teure Geschäftswagen und Werbekampagnen bis hin zu aufwendigen Events und exklusive Essenseinladungen für Geschäftsfreunde.
Besonders kurios: Auf „dicke Hose“ machen nicht nur großspurige Angeber. Auch ansonsten vorsichtige und eher sparsame Zeitgenossen tappen in diese Falle. Die Überlegung dahinter: Wenn ich mit meinem gebrauchten Golf bei Kunden und Interessenten vorfahre, mache ich einen schlechten Eindruck. Kostspielige Statussymbole erhöhen vermeintlich die Wahrscheinlichkeit, lukrative Aufträge zu bekommen.
Dabei handelt es sich meist um einen teuren Irrtum: Deine Kunden interessieren sich nämlich weniger für die Verpackung als für den professionellen Kern deines Angebots. Das gilt vor allem für nüchtern kalkulierende Geschäftskunden. Die wissen ganz genau, wer die Statussymbole letztlich bezahlt: sie selbst.
Zum Glück lässt sich die Repräsentations-Falle leicht umgehen. Am besten verzichtest du in den ersten Jahren ganz auf teure Business-Accessoires. Wenn der Laden richtig läuft und du Spaß an schnellen Autos und repräsentativen Fassaden hast, kannst du dir später immer noch den 7er-BMW und das Büro mit Alster-Blick gönnen.
Falle 2: Hohe Fixkosten-Belastung
Eng verwandt mit dem Repräsentations-Missverständnis ist die Fixkosten-Falle. Das Eingehen langfristiger Verbindlichkeiten führt zwangsläufig zu wiederkehrenden Belastungen. Zu Beginn deiner Selbstständigkeit kannst du aber nur schwer abschätzen, ob du die festen Belastungen in ein paar Monaten oder nächstes Jahr um diese Zeit wirklich schon (oder noch) stemmen kannst.
Ganz gleich, ob Gewerbe-Mietvertrag, Investitionen in neue Maschinen und Anlagen, Geschäftswagen-Finanzierung oder die Beschäftigung fester Mitarbeiter: Die damit einhergehenden Raten-, Zins-, Tilgungs-, Miet- und Lohnzahlungen sind auch dann fällig, wenn dein Laden mal nicht so gut läuft.
Solange kontinuierliche Zahlungseingänge noch nicht halbwegs sicher sind, bist du mit einer überwiegend variablen Kostenstruktur am besten bedient. Deine Fixkosten-Belastung sinkt zum Beispiel durch …
- Arbeit im Home-Office, Nutzung von Mietbüros, Co-Working-Spaces, Gemeinschaftsbüros, Konferenzräumen etc.
- Miete oder Gebrauchtkauf erforderlicher Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen.
- Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen und Auslagern betrieblicher Teilfunktionen (z. B. durch Kooperation mit anderen Selbstständigen oder Nutzung externer Komponenten wie Büroservices, Versand-Fulfillment etc.)
- Beschäftigung von Aushilfen und Zeitarbeitern statt eigenem Personal.
Schwieriger als die Fixkosten-Minimierung ist es, das Ausbleiben zeitnaher Zahlungseingänge zu verhindern:
Falle 3: Säumige Zahler
Volle Auftragsbücher? Tolle Produkte und Dienstleistungen? Zeitnahe Lieferung und Erledigung? All das hilft letztlich wenig, wenn deine Kunden nicht zahlen. Oder erst mit monatelanger Verzögerung: Du selbst musst deinen betrieblichen Verpflichtungen in der Zwischenzeit ja trotzdem nachkommen. Und deinen eigenen Lebensunterhalt willst du ja auch bestreiten.
Ansonsten gesunde Unternehmen vermeiden Zahlungsengpässe am ehesten durch professionelles Forderungsmanagement. Je nach Beruf und Branche zählen dazu …
- Bonitätsprüfungen vor Auftragsübernahme,
- Vorkasse statt Lieferung oder Leistung auf Rechnungsbasis,
- Abschlagsrechnungen und andere Teilzahlungsvereinbarungen,
- generell zeitnahe Rechnungstellung sowie
- konsequentes Mahnwesen und Inkasso.
Ausführlichere Informationen zu diesem besonders wichtigen Thema findest du unter anderem in den folgenden invoiz-Blogbeiträgen:
- Mustergültig mahnen: Von Forderungen, Fälligkeit & Verzug
- Das gerichtliche Mahnverfahren: Mahnbescheid – Vollstreckungsbescheid – Zwangsvollstreckung
- Das erweiterte Mahnwesen im Rechnungstool: Forderungsmanagement à la carte!
- Teilzahlungsmodelle: Was ist eine Abschlagsrechnung und wofür ist die gut?
Die nächste Ursache für Zahlungsengpässe ist wiederum hausgemacht:
Falle 4: Planlosigkeit
Oft geht in der Alltaghektik einfach der Überblick über bevorstehende Zahlungsabflüsse verloren. Obligatorische Bonitätsprüfungen? Faire Teilzahlungsmodelle? Konsequentes Forderungsmanagement? Die Optimierung der Einnahmenseite hilft dir wenig, wenn du deine Kosten und Verbindlichkeiten aus den Augen verlierst.
Typisches Beispiel sind die Zahlungen ans Finanzamt. Die kommen so sicher wie das Amen in der Kirche. Und doch sorgen sie bei Selbstständigen und in kleinen Unternehmen regelmäßig für Aufregung. Hintergrund: Ein erheblicher Teil des Guthabens auf deinem Geschäftskonto gehört bei genauerem Hinsehen längst dem Finanzamt. Dazu zählen mindestens die laufenden Umsatzsteuereinnahmen sowie die anteilige Einkommensteuer auf die bereits erzielten Gewinne. Bei Gewerbetreibenden kommt noch die Gewebesteuer hinzu.
Gerade in den ersten Geschäftsjahren sind die aufgelaufenen Steuerschulden besonders hoch. Denn im „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ schätzen die meisten Gründer ihre voraussichtlichen Einkünfte eher vorsichtig ein. Entsprechend gering fallen daraufhin die Steuervorauszahlungen aus.
Angenommen, du hast deine Selbstständigkeit im Januar 2019 aufgenommen, dann bekommst du deinen ersten Einkommensteuerbescheid erst Ende 2020 / Anfang 2021. Wenn du in der Zwischenzeit gute Geschäfte gemacht hast, ist dann nicht nur die Steuernachzahlung für 2019 fällig: Auch die Vorauszahlungen für 2020 werden nachträglich nach oben korrigiert.
Grund genug, von vornherein Steuerrücklagen zu bilden und auch alle anderen fälligen Zahlungen genau im Blick zu behalten. Was du dabei beachten solltest, kannst du in folgenden Blogbeiträgen nachlesen:
- Liquiditätsplan: So sicherst du deine Zahlungsfähigkeit
- Kein Mut zur Lücke: So behältst du deine „Steuerschulden“ im Blick
Eng verwandt mit dem Planlosigkeits-Problem ist eine besonders verlockende Liquiditätsfalle:
Falle 5: Gut gefülltes Geschäftskonto
Ohne nüchterne Liquiditätsplanung verführt ein gut gefülltes Geschäftskonto schnell zu gefährlichen Fehlentscheidungen. Besonders häufig sind die folgenden drei Fehler anzutreffen:
- zu hohe Privatentnahmen: Deinen monatlichen „Unternehmerlohn“ hast du ursprünglich knapp kalkuliert. Für den laufenden Lebensunterhalt reicht er auch. Doch nun brummt der Laden offensichtlich: Da willst du dir und deinen Angehörigen auch mal was gönnen. Menschlich verständlich – aber brandgefährlich:
Warte mit dem Verteilen des Bärenfells mindestens bis zum ersten Steuerbescheid. Für größere Belohnungen in Form privater Anschaffungen, Fernreisen und sonstiger Annehmlichkeiten ist dann immer noch Zeit. - unvorsichtige Investitionen: Mit geschäftlichen Anschaffungen hältst du dich anfangs ebenfalls besser zurück. Die Fragwürdigkeit von Statussymbolen war eingangs ja bereits Thema. Gegen die Anschaffung von hochwertigem professionellem Equipment spricht dagegen grundsätzlich nichts. Doch sobald die GWG-Grenze von 800 Euro pro Wirtschaftsgut überschritten ist, kannst du einen Teil deiner Anschaffungskosten erst Jahre später als Betriebsausgabe geltend machen.Ganz gleich, wie sinnvoll und nützlich eine Investition also sein mag: In der Zwischenzeit belastet der noch nicht abgeschriebene Teil der Anschaffungskosten deine betriebliche Liquidität.
Tipp: Ausführlichere Informationen zur Funktionsweise von Abschreibungen und geringwertigen Wirtschaftsgütern bieten die Beiträge „Absetzung für Abnutzung: Wie funktioniert die Abschreibung?“ sowie „Investitionsabzugsbetrag und die GWG-Grenze“. - betriebliche Großeinkäufe: Beim Einkauf von Material und Vorräten aller Art solltest du selbst dann zurückhaltend sein, wenn die GWG-Grenze von 800 Euro nichtüberschritten ist. Business-Einkaufsplattformen und Großhändler werben gern mit Preisvorteilen bei Abnahme „großer Gebinde“ (z. B. durch Rabatte und geringere Bestellkosten). In der Praxis werden die finanziellen Vorteile niedrigerer Beschaffungskosten jedoch durch Schwund und Verderb im Lager, in Büroschränken und Werkstattregalen mehr als aufgefressen.
Zum Schluss noch die Warnung vor einem weniger offensichtlichen, aber höchstgefährlichen Liquiditäts-Problem:
Falle 6: Falsche Finanzierungs-Fristen
Nicht immer lassen sich externe Finanzierungs-Quellen umgehen. Hohe Anfangsinvestitionen, Betriebsmittelkredite und / oder die Sicherung des privaten Lebensunterhalts während der Anlaufphase können notwendig und sinnvoll sein. Vorausgesetzt natürlich, dahinter stehen ein tragfähiges Geschäftskonzept und eine seriöse Finanzplanung.
Zu der zählt insbesondere die „Goldene Finanzierungsregel“:
- Langfristiges Betriebsvermögen (z. B. Fahrzeuge, Maschinen, Anlagen, Gebäude) sollte auch langfristig finanziert sein (durch Eigenkapital oder langfristige Darlehen).
- Kurzfristige Finanzierungs-Instrumente (z. B. Kontokorrent- und Betriebsmittelkredite) eigenen sich nur zu kurzfristigen Zwischenfinanzierungen von Liquiditäts-Engpässen (z. B. Einkauf von Saisonware, Vorräten, Forderungsausfällen). Private Dispositions- und Überziehungskredite stellen ohnehin nur die äußerste Notlösung dar.
Der Einsatz kurzfristiger Finanzierungen für langfristige Zwecke ist nicht nur viel zu teuer, sondern auch gefährlich:
- Teuer: Kontokorrentkredite schlagen selbst in der aktuellen „Nullzinsphase“ vielerorts mit rund 8 % bis 10 % p.a. zu Buche. Private Dispozinsen liegen derzeit zwischen 7 % und 12 % p.a. Bei Überziehungen kommen nochmal 7 bis 15 % hinzu!
Zum Vergleich: Langfristige betriebliche Investitionsdarlehen sind bereits ab 2 % bis 5 % zu haben. - Gefährlich: Auf langfristige Darlehen deiner Bank oder Sparkasse kannst du dich während der vereinbarten Laufzeit verlassen. Vorausgesetzt natürlich, du bezahlst die vereinbarten Zinsen und Tilgungsbeträge. Kontokorrent- oder Dispokredite und andere Zwischenfinanzierungen können vom Kreditinstitut dagegen kurzfristig zurückgefordert werden. Das kann zum Beispiel bei wiederholten Überziehungen oder Verschlechterung deiner Bonitätsauskunft sein. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt gerade einmal drei Monate!
Wer ohnehin in Zahlungsschwierigkeiten steckt und dann in kürzester Zeit umschulden muss, hat äußerst schlechte Karten. Durch die Aufforderung der Bank, das Konto auszugleichen, wird aus einem akuten Zahlungsengpass oft endgültig die gefürchtete Zahlungsunfähigkeit.
Noch Fragen?
Was bei der Finanzplanung und beim Forderungsmanagement sonst noch alles zu beachten ist und wie invoiz dir dabei hilft, erfährst du auf folgenden Seiten:
- Liquiditätsplan: Wie du deine Zahlungsfähigkeit sicherst
- Kein Mut zur Lücke: So behältst du deine „Steuerschulden“ im Blick
- Mustergültig mahnen: Von Forderungen, Fälligkeit & Verzug
- Das gerichtliche Mahnverfahren: Mahnbescheid – Vollstreckungsbescheid – Zwangsvollstreckung
- Das erweiterte Mahnwesen im Rechnungstool: Forderungsmanagement à la carte!
- Teilzahlungsmodelle: Was ist eine Abschlagsrechnung und wofür ist die gut?
- invoiz-Checkliste: Eingangsrechnungen
- Schluss mit der Zettelwirtschaft: Betriebsausgaben im Rechnungsprogramm erfassen
- Besuch vom Finanzamt: Wie geht eigentlich eine „Steuerprüfung“?
- invoiz: Rechnungssoftware mit GoBD-Anschluss
- Steuern & Buchführung: Selber machen oder Berater?
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