Wechsel zur Kleinunternehmerregelung: Geht das?

Moritz Buhl

Zur Kleinunternehmerregelung wechseln dürfen auch zuvor umsatzsteuerpflichtige Unternehmer.  Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, versteht sich. Die Vorschrift ist also nicht nur etwas für Gründer.

Kleinunternehmerregelung: Wechsel erlaubt!

Bevor du dich genauer mit einem Wechsel zur Kleinunternehmer Regelung beschäftigst, solltest du deine Entscheidung gründlich überdenken:

  • Zugegeben: Als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer sparst du dir die Umsatzsteuervoranmeldungen. Du bist umgekehrt aber auch nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigt.
  • Erfahrungen mit Voranmeldungen hast du ja schon. Deshalb weißt du, dass es keine Raketenwissenschaft ist. Und sich der Aufwand in Grenzen hält.
  • Eine Umsatzsteuererklärung, Einnahmenüberschussrechnung und Einkommensteuererklärung musst du auch als Kleinunternehmer abgeben.
  • Viel wichtiger: Durch die fehlenden Umsatzsteuerangaben auf der Rechnung outest du dich als „kleines Licht“ im Geschäftsleben. Deine Kunden erkennen auf den ersten Blick, dass du nur wenig Umsatz machst.
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  • Vor allem Geschäftskunden zweifeln vielfach an der Erfahrung und Professionalität umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer. Oft zwar zu Unrecht – aber gegen Vorurteile ist nun einmal kein Kraut gewachsen.

Hinzu kommt: Echte finanzielle Vorteile hast du als Kleinunternehmer nur dann, wenn deine Kunden überwiegend Privatleute sind.

Denn dann nur kannst du im Vergleich zu umsatzsteuerpflichtigen Unternehmern tatsächlich günstigere Verkaufspreise anbieten. Und bei gleichen Verkaufspreisen erzielst du etwas höhere Gewinne.

Kleinunternehmerregelung: Wechsel & Umsatzgrenze

Du hast dir die Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung gut überlegt? Und auch mit deinem Steuerberater besprochen? Ok, dann schau’n wir uns mal die rechnerischen Voraussetzungen an:

Beim Ermitteln der Vorjahres-Umsatzgrenze ist eine Besonderheit zu beachten, mit der sich viele Steuerpflichtige und sogar manche Steuer- und Unternehmensberater schwertun. Bei der Kleinunternehmer-Umsatzgrenze handelt es sich um einen Bruttowert. Der Gesamtbetrag enthält also die Umsatzsteuer.

Laut § 19 UStG gilt die Kleinunternehmerregelung nämlich nur dann …

„wenn der […] Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.“

Falls du dich über die Vorjahres-Umsatzgrenze wunderst: Die Kleinunternehmer-Umsatzgrenze ist Anfang des Jahres von 17.500 Euro auf 22.000 Euro gestiegen.

Rechenbeispiel zum Kleinunternehmerregelung-Wechsel

Mal angenommen, du möchtest ab Januar 2020 von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung wechseln. Dann hängt die Umsatz-Obergrenze von den für dich geltenden Steuersätzen ab:

  • Falls deine Waren und Dienstleistungen dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen, darfst du im Jahr 2019 nicht mehr als 18.487,39 Euro Umsatz erzielt haben. 18.487,40 Euro plus 19 % Umsatzsteuer (3.512,60 Euro) = 22.000 Euro. Ab einem steuerpflichtigen Umsatz von 18.488 Euro liegst du bereits über der Kleinunternehmer-Grenze.
  • Falls du deinen Kunden den ermäßigten Steuersatz von 7 % in Rechnung stellst, darfst du im Jahr 2019 nicht mehr als 20.560,75 Euro Umsatz erzielt haben. 20.560,75 Euro plus 7 % Umsatzsteuer ( 1.439,25 Euro) = 22.000 Euro. In dem Fall liegst du also erst ab einem steuerpflichtigen Umsatz von 20.561 Euro über der Kleinunternehmer-Grenze.
  • Du stellst zurzeit sowohl Waren und Dienstleistungen mit 7 % als auch solche mit 19 % in Rechnung? In dem Fall addierst du die Summe deiner verschiedenen steuerpflichtigen Umsätze und deiner Umsatzsteuereinnahmen.

So oder so: Dein Jahresumsatz im Jahr 2019 lag unter 22.000 Euro? Ok, dann fehlt noch der Ausblick auf 2020. Hier ist es bei der Obergrenze von 50.000 Euro geblieben.

Auch dabei handelt es sich um einen Bruttobetrag. Für dich als Kleinunternehmer spielt das aber keine Rolle, weil der darin enthaltene Umsatzsteueranteil ja „nicht erhoben“ wird.

Auch eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Steuersätzen kannst du dir bei deiner Schätzung fürs Folgejahr sparen. Als Kleinunternehmer-Einnahmen legst du einfach die Summe deiner voraussichtlichen Verkaufserlöse zugrunde.

Formlose Mitteilung ans Finanzamt!

Du erfüllst alle Voraussetzungen für den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung? Dann reicht eine formlose Mitteilung ans Finanzamt. Falls die Bedingungen gegeben sind, kann das Finanzamt dich nicht am Wechsel der Besteuerungsform hindern.

Übrigens: Du darfst den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung sogar noch rückwirkend mit der Umsatzsteuererklärung des Folgejahres erklären. Vorausgesetzt natürlich, du hast deinen Kunden in der Zwischenzeit keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.

Selbst das wäre genau genommen noch kein Hinderungsgrund. Dann müsstest du aber nachträglich alle Ausgangsrechnungen ändern und an deine Kunden schicken. Dem Finanzamt ist das im Prinzip egal.

Rückwirkend Rechnungen ändern

Zumindest deine Geschäftskunden dürften davon aber „not amused“ sein:

  • Erstens verteuern sich deine Leistungen nachträglich um den Umsatzsteueranteil.
  • Und zweitens müssen deine Kunden ihre Umsatzsteuervoranmeldungen korrigieren.

Mit anderen Worten: Nachträgliche Statusänderungen solltest du nach Möglichkeit vermeiden!

Und gleich noch ein Hinweis hinterher: Du hast als Kleinunternehmer Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausgewiesen? Und deine Rechnungen nicht korrigiert? Dann müssen die Steuereinnahmen auf jeden Fall ans Finanzamt abgeführt werden. Der „unberechtigte Steuerausweis“ ist in § 14c Abs. 2 UStG geregelt.

Jahresabgrenzungen berücksichtigen

Soviel zum Prinzip des Status-„Bäumchen-wechsel-dich“. Wenn du fest entschlossen bist, (wieder) Kleinunternehmer zu werden, musst du aber noch ein paar Feinheiten beachten. Auch die besprichst du am besten mit einem Steuerberater. Im Mittelpunkt steht dabei die saubere Abgrenzung der verschiedenen Wirtschaftsjahre:

Angenommen, du unterlagst in 2019 der Regelbesteuerung und wechselst am 1. Januar 2020 zur Kleinunternehmerregelung:

  • Bei Rechnungen aus 2019, die erst 2020 bezahlt werden, darfst du den Umsatzsteueranteil nicht einfach in die eigene Tasche stecken. Die Umsatzsteuereinnahmen musst du ans Finanzamt melden und überweisen.
  • Dasselbe gilt, wenn du Anfang 2020 noch Rechnungen für Waren und Dienstleistungen schreibst, die du schon 2019 geliefert oder erbracht hast. Denn die Umsatzsteuer „entsteht“ zum Zeitpunkt der Leistungserbringung (in dem Fall also 2019). Deshalb musst du auf den betreffenden Rechnungen noch Umsatzsteuer ausweisen, die Steuer einkassieren, ans Finanzamt melden und abführen.
  • Sofern du den Statuswechsel aber planvoll und vorausschauend vornimmst, kannst du die Zahl solcher Jahresabgrenzungen aber in Grenzen halten.
  • Immerhin: Das Prinzip der Jahresabgrenzung gilt auch für deine Vorsteueransprüche. Wenn Anfang 2020 noch Rechnungen von Lieferanten und Dienstleistern für Vorgänge des Jahres 2019 bei dir eintrudeln, darfst du den Umsatzsteueranteil von deinen Umsatzsteuereinnahmen abziehen. Falls du in 2020 keine Umsatzsteuereinnahmen aus 2019 mehr hast, bekommst du die Vorsteuer vom Finanzamt erstattet.

Apropos Vorsteuer: Besonders kompliziert wird der Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung, wenn du in den letzten fünf Jahren „Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens“ angeschafft hast (z. B. Maschinen, Büroeinrichtung oder Firmenwagen).

Nachträgliche Vorsteuer-Korrektur!

Denn dann hast du ja auch im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht.

Solange die 5-Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist, musst du die Vorsteuererstattung beim Wechsel zur Kleinunternehmerregelung nachträglich korrigieren. Das gilt aber zum Glück nur für Wirtschaftsgüter im Nettowert von mehr als 1.000 Euro. Wichtig: Auf die betriebsgewöhnliche oder auch tatsächliche Nutzungsdauer kommt es nicht an.

Angenommen, du hast 2017 ein Notebook im Wert von 1.500 Euro und die darauf fällige Umsatzsteuer in Höhe von 285 Euro als Vorsteuer geltend gemacht. Wenn du nun 2020 zur Kleinunternehmerregelung wechselst, musst du 2/5 des Vorsteuerabzugs von 285 Euro (= 114 Euro) ans Finanzamt zurückzahlen. Schließlich warst du nur in den Jahren 2017 bis 2019 vorsteuerabzugsberechtigt.

Fazit

Der Wechsel zur Kleinunternehmerregelung ist grundsätzlich zulässig. Du solltest dir den Schritt aber wirklich gut überlegen. Vor allem bei wiederholtem Statuswechsel führen die Umstellungen zu mehr Aufwand als sie finanzielle Vorteile und bürokratische Erleichterungen bringen.

Noch Fragen?

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